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Auf den Hund gekommen

Wie sind Sie denn auf den Hund gekommen?

Malen Sie einen Hund! Ja, versuchen Sie es einmal. Da es keinen Preis für den "schönsten" Hund gibt, malen Sie einfach darauf los! Und wenn Sie nicht malen wollen, weil Sie gerade keinen Stift zur Hand haben, dann schließen Sie Ihre Augen und lassen Sie Ihren Hund auf sich zukommen.

Na, wie sieht er aus? Groß oder klein? Ähnelt er Lassy oder eher Struppi? Schaut er Sie lieb an oder guckt er eher grimmig? Ihr Hund wird sich mit Sicherheit von jedem anderen gemalten oder vorgestellten Hund unterscheiden, auch wenn die charakteristischen Merkmale wie vier Beine, Fell usw. da sind. Dasselbe Wort – nämlich Hund – und verschiedene Filme laufen ab, die aus verschiedenen biografischen Zugängen und kulturell geprägten Vorstellungen entstehen. Ein Hund macht Freude, ist manchmal der beste Freund, er weckt angstvolle Erinnerungen, manchmal gar schmerzvolle an einen Hundebiss – vielleicht ist er Ihnen auch egal … Aber kaum jemand aus dem europäischen Kulturraum wird bei Hund an ein leckeres Essen denken und ihn, den Hund, im Kochtopf malen. Igitt! Oder?

In Asien werden jährlich 30.000 Hunde verspeist. Sie sind durchaus essbar und haben keinen geringeren Nährwert als z. B. Schweinefleisch. Die Ekelbarriere resultiert allein aus unseren kulturellen Prägungen. Der Hund in der Pfanne wird bei uns allenfalls sprichwörtlich verrückt – aber traditionell nicht gegessen! Gliederfüßer wie Käfer und Raupen sind zwar ressourcenschonende Energiequellen, doch auch die essen wir in Deutschland so gut wie nie – es sei denn, sie kommen aus dem Meer. Dann sind sie als Garnelen oder Flusskrebs teuer und schmecken plötzlich delikat.

Was würde Ihnen schmecken – oder besser noch: was wäre aus Ihnen geworden, wenn Sie in einem kleinen, beschaulichen Dorf in Ostfriesland aufgewachsen wären? In einem Elendsviertel in Mexiko-Stadt? Oder im brasilianischen Regenwald? Menschen sind verschieden, sprechen unterschiedliche Sprachen, haben verschiedene Hautfarben und sie haben verschiedene biografisch und kulturell geprägte Werte, Regeln und Gewohnheiten – nicht nur beim Essen werden sie deutlich, sondern auch im Umgang miteinander, in Ritualen und Traditionen und vielem mehr. Das ist nichts Neues, das Leben wird dadurch bunter.

Vielfalt beutet jedoch auch Konfliktpotential: Vielfalt kann irritieren, verstören und wütend machen, wenn das Gegenüber sich z. B. so verhält, dass mein "gesunder Menschenverstand" es nicht versteht. In diesem Fall prallen die nicht sichtbaren Werte, Überzeugungen und Spielregeln verschiedener Kulturen aufeinander. Problematisch kann es z. B. werden, wenn die sprichwörtliche "deutsche Pünktlichkeit" auf einen eher lässigen, fließenden Zeitbegriff trifft. Die afrikanische Mutter, die ihr Kind wiederholt spät zur Kita bringt, fühlt sich abgelehnt und versteht das Problem nicht. Die Erzieherin fragt sich fassungslos und in dem Gefühl mit ihrem Anliegen, nicht ernst genommen zu werden: Ist es denn so schwer, pünktlich zur Kita zu kommen? Ja, es ist schwer. Und das unterschiedliche Zeitkonzept ist nur einer von vielen kulturellen Unterschieden …

Für beide Seiten ist es ein schwieriger und gleichzeitig lohnender Prozess, Unterschiede nicht nur wahrzunehmen und (negativ) zu bewerten, sondern sich gegenseitig dazu einzuladen, sich kennen zu lernen und die Welt des Anderen zu entdecken. Für Kinder ist das oft leichter als für uns Erwachsene. Kinder betrachten die Welt mit einer philosophischen Betrachtungs- und Fragehaltung, die interessiert und vorurteilsfrei beobachtet und dabei nicht auf Fehlersuche ist. Sie setzen sich lustvoll in Beziehung zu ihrem Gegenüber, reden und lachen miteinander und vergleichen: Wo bin ich wie du? Wo unterscheiden wir uns? Was ist dir wichtig? Dabei lernen sie ihr Gegenüber und sich selbst besser kennen.

Machen wir es wie die Kinder und geben wir ihnen gleichzeitig ein gutes Vorbild, das Andere und Anderes nicht abwertet und ausgrenzt, damit auch im Erwachsenenalter Unterschiede nicht zu unüberbrückbaren Differenzen werden müssen.